Auf Du und Du mit der Kuh

Das Kuh-Urteil

Auf den saftigen Almen zwischen den Kühen zu wandern ist Natur pur. Aber wer haftet, wenn etwas passiert? In den letzten Jahren gab es häufig Meldungen, dass Wanderer von Kühen attackiert wurden. Manche Vorfälle endeten tödlich. Oft waren Mutterkühe und Hunde im Spiel. Ein enormes mediales Interesse brachte das Gerichtsurteil hinsichtlich der tödlichen Kuhattacke im Sommer 2014. Eine 45jährige deutsche Staatsbürgerin war mit ihrem Hund im Pinnstal unterwegs. Sie wurde von Kühen totgetrampelt. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit wurde der Landwirt in erster Instanz zu Schadenersatzzahlungen verpflichtet. Das Oberlandesgericht (OLG) hatte diese Entscheidung hinsichtlich des Mitverschuldens abgeändert. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat nun endgültig entschieden. Er hat eine Haftung des Landwirts bestätigt, aber ein 50-prozentiges Mitverschulden der Getöteten angenommen.

Der OGH ist dabei von den Feststellungen der Unterinstanzen ausgegangen. Demnach war dem Landwirt die Tatsache, dass die Kühe in diesem Jahr besonders unruhig und aggressiv reagierten ebenso bekannt, wie das Ausmaß der touristischen Nutzung der Straße und der umliegenden Wanderwege, insbesondere das Gasthaus in der Nähe. Zudem hat es bereits vorher zwei Vorfälle gegeben, wobei die Kühe dieses Landwirtes Wanderer mit Hunden attackierten.

Zum Teil waren die Kühe mit einem Elektrozaun eingezäunt. Am gegenständlichen Straßenabschnitt allerdings nicht. Die Kosten für die Errichtung eines Elektrozauns über diese etwa 500 m lange Strecke bis zur Gastwirtschaft hätte umgelegt auf das Jahr € 218,80 gekostet und ca. zwei Tage für den Aufbau und wenige Stunden für den Abbau des Zaunes.

Die Getötete wäre nach den Feststellungen des OGH sorglos gewesen, da der Abstand zu den Tieren von 1 bis 2 m jedenfalls nicht ausgereicht hätte. Sie hätte allenfalls abwarten müssen, bis die Tiere weiter entfernt sind (sie hätte in der Gaswirtschaft verweilen können), oder – soweit möglich - eine andere Route oder ein Umweg nutzen müssen. Oder aber hätte sie auch den bestehenden Shuttledienst in Anspruch nehmen können, um mit dem Hund an den Tieren unbeschadet vorbeizukommen. Weiters wurde als Mitverschulden gewertet, dass sie die Hundeleine nicht so schnell lösen hätte können, da die Hundeleine um die Hüfte gebunden war. Es ist nämlich so, dass sich die Aggression erfahrungsgemäß gegen Hunde richtet (aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit Wölfen). Nur wenn der Besitzer versucht den Hund zu schützen, so richten sich die Aggressionen auch gegen den Hundebesitzer.

Tierhalterhaftung

 Nach der Gesetzeslage und Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) ist zunächst der Tierhalter verantwortlich für Schäden, wenn er nicht beweist, dass er für die erforderliche Verwahrung und Beaufsichtigung gesorgt hat. Er muss eine objektiv gebotene und zumutbare Sorgfalt einhalten.

Einzäunung

Kühe müssen aber auf der Alm nicht immer eingezäunt sein. Vielmehr hat der OGH ausgesprochen, dass die freie Haltung von Rindern auf der Alm ohne Einzäunung ortsüblich ist. Nur wenn ein aggressives Tier gehalten wird, ist eine besondere Verwahrung notwendig. Der OGH geht davon aus, dass Kühe grundsätzlich nicht als aggressive Tiere gesehen werden können. Wie die vorliegende Entscheidung zeigt, sind aber Mutterkühe von Haus aus aggressiver, insbesondere wenn Hunde im Spiel sind. Gegenständlich war offenbar auch bekannt, dass es bereits zu zwei Attacken gekommen ist.

Warnschilder ausreichend

Warnschilder sind jedenfalls notwendig. Grundsätzlich haftete der Halter von Kühen nicht, wenn er entsprechend sichtbar darauf hinweist, dass sich etwa Mutterkühe auf der Alm befinden und besondere Vorsicht beim Mitführen von Hunden gegeben ist. Im vorliegenden Fall sind jedoch weitere Umstände hinzugekommen, die eine Einzäunung der Kühe notwenig gemacht hätte.

Haftung

Etwas Anderes ist es, wenn aggressive Rinder nicht gesondert verwahrt wurden. Ist zB bekannt, dass ein Tier aggressive ist oder hat es vielleicht schon einmal jemanden angefallen, so ist das Tier von Wanderern fernzuhalten, entweder woanders unterzubringen oder eben einzuzäunen.  Eine Mithaftung des Geschädigten ist dann möglich, wenn er zB das Tier gereizt hat.

Grundsätzlich

ist es also ausreichend, mit Hinweisschildern auf die freilaufenden Kühe rund um die Almwege aufmerksam zu machen. Insbesondere sollten Wanderer mit ihren Vierbeinern auf die besondere Gefahr bei Mutterkühen hingewiesen werden, da gerade Hunde Rinder zu einem aggressiven Verhalten reizen können. Hinweisschilder sollten gut sichtbar an den wichtigen Stellen, etwa Parkplätzen, am Beginn des Wanderweges etc. angebracht sein.

Wanderern sollte bewusst sein, dass es in Tirol (bisher) üblich ist, Kühe – und zwar auch Mutterkühe – auf Almen frei zu halten. Die Tiere befinden sich manchmal auch direkt auf den Wanderwegen.

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